Tipps beim Segeln mit viel Wind – Starkwindtrimm (5+Bft) bei Jollen

505er Workshop mit Holger Jess

Segeln ist ziemlich einfach und mit genügend Wind (ab 2bft) lässt sich jede Jolle ohne großes Können segeln, egal wie alt das Boot und schlecht die Segel sind. Schneller bei mehr Wind zu segeln ist auch talentfrei einfach gemacht. Sobald man aber versucht das Boot auch bei viel Wind aufrecht zu segeln, kann einem der falsche Trimm der Segeln ganz schöne Sorgen bereiten. Auch beim Wenden und Halsen macht es dann nicht einfacher.


Und anders als beim Schwachwindtrimm der Segel, wo wir alles machen um möglichst viel Kraft dem Wind zu entlocken, müssen wir bei viel Wind zusehen das schnell erreichte „zu viel an Kraft“ in den Segeln zu verringern/verhindern. Starkwindtrimm

Während ein Profilreiches und geschlossenes Segel, viel Kraft erzeugt, müssen die Segel nun möglichst flach und mit Twist (Verwindung des Segels) eingestellt werden.

Ich segel seit 2013 und seit 2015 mit einer eigenen Jolle (470er Baujahr 85‘) die im Vergleich zu den Vereinsjollen (Ixylon’s) wirklich jede Menge Möglichkeiten zum Trimmen der Segel bietet. Bevor wir weiter in den Starkwindtrimm der Segel und des Bootes absteigen, muss noch folgendes gesagt sein:
– Jedes Boot hat seine eigenen Trimmeinstellung/-werte, da es aufgrund des Alters die Rumpfstabilität abnimmt. Auch ältere Segel verlieren mit der Zeit ihre Form.
– Für aktuelle Boote mit aktuellen Rigg und Segeln kann man Trimmtabellen von den Herstellern beziehen.
-Trimmtabellen und Trimmtipps bieten meistens auch die Klassenvereinigungen an. Eine wirklich sehr ausführliche Trimmanleitung ist auf der Webseite Klassenvereinigung für 505er zu finden.
– Probieren, beobachten und üben

Bei viel Wind hat der Wind viel Kraft um an den Segeln entlang zu strömen und Vortrieb zu erzeugen. Dadurch fährt das Boot schon spürbar schneller. Allerdings krängt das Boot bei viel Wind ebenfalls schneller, was man bei schnellen Segeln von Jollen vermeiden möchte, da zum Einen der Rumpf mehr Widerstand im Wasser erzeugt und zum Anderen die Segelfläche noch oben hin abnimmt. Deshalb muss man dem Wind weniger Form/Profil anbieten und die Segel nach oben hin geöffnet segeln. In der Praxis heißt das Twist in das Großsegel und das Vorsegel rein zubringen.

Vorsegel – Starkwindtrimm

– Fockholepunkte eher nach hinter um das Achterliek zu öffnen
– Fockholepunkte weiter nach innen
– Fockschot möglichst straff fahren

Großsegel – Starkwindtrimm

– Traveller nach Lee
– Cunningham und Unterliek fest durchsetzen und den Bauch des Großsegels bei etwa 45% des Segels zu platzieren
– Mastbiegung erhalten, wenig bis keine Mastkeile verwenden
– Großsegeln/Achterliek möglichst offen

Bootstrimm (horizontal)

Bei viel Wind kommen die Jollen schneller von der Verdrängerfahrt ins Gleiten, wodurch sich der Rumpfwiderstand verringert und das Boot schneller vorankommt. Um das Gleiten zu begünstigen muss das Crewgewicht nach hinten verlagert werden. Der Vorschoter kann gerne dicht beim Steuermann herumhängen 😉

Bootstrimm (vertikal) / Krängung

Auch hier gilt der oberste Grundsatz: Jollen müssen aufrecht gesegelt werden! Also müsst ihr alles machen damit das Boot aufrecht bleibt. D.H. Vorschoter ins Trapez oder wenn kein Trapez vorhanden ist, ab in die Ausreitgurte und raus mit dem Körpergewicht. Das gleiche gilt auch für den Steuermann. Sollte das auch noch nicht reichen, muss das Großsegel etwas geöffnet und bei ganz starken Wind sogar die Fock offener gesegelt werden.

Schwert

Bei schneller Fahrt erzeugt das Schwert einen hohen Lateralwiderstand welcher dem Segeldruck entgegen wirkt und zusätzlich die Abdrift verringert. Am Wind kann man bei zu viel Krängung das Schwert etwas hochholen um die Krängung zu verringern. In der Folge dessen hat das Boot nicht nur eine geringere Krängung, sondern auch eine höhere Abdrift. Der Laterale Druckpunkt verschiebt sich ebenfalls weiter nach hinten was sich auf die Luvgierigkeit des Bootes spürbar auswirkt. Auf „vor dem Wind“-Kursen kann das Schwert fast komplett hochgeholt werden.

Was tun wenn eine Böe einschlägt?

Selten, besonders auf Gewässern mit Uferbebauung hat man nur selten konstanten Wind. Auch die Wetterlage kann dafür sorgen dass man beim Segeln vermehrt mit Böejen zu kämpfen hat. Trifft die Böje auf die Segel, erzeugt das in erster Linie sehr viel Krängung, weil der wahrscheinliche Wind durch die Böje deutlich raumer ausfällt. Daduch erhalten wir nun zwei Möglichkeiten wie wir darauf reagieren:

1. Segel weiter auf was das Boot weiter beschleunigt weil man während der Böje eher auf einem Halbwindkurs fährt

2. weiter anluven, dadurch nimmt man etwas Druck aus den Segeln und gewinnt noch jede Menge Höhe.
Ist die Böje vorüber gezogen, müssen die Segel wieder dichter (bei Option 1) oder das Boot muss weiter abfallen (bei Option 2)

Wer sich weiter mit den Kräften beschäftigen möchte, die beim Segeln wirken, kann unter den Begriffen „Lateraler Druckpunkt“, „Segeldruckpunkt“ und „Lee- und Luvgierigkeit“ einiges im Netz finden.

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